Hi, ich bin Simon Kochhan, Architekt und Gründer eines kleinen Studios in Heidelberg. Mein Weg in die Architektur begann mit dem Studium in Karlsruhe, Valencia und München. Nach einigen Jahren bei allmannwappner Architekten (ehm. Allmann Sattler Wappner Architekten) in München habe ich mich Ende 2020 selbstständig gemacht und betreue seitdem vor allem private Bauprojekte. Architektur ist für mich mehr als reines Entwerfen – sie ist ein kommunikativer und iterativer Prozess. Als Architekt:innen vermitteln wir kontinuierlich zwischen Bauherrschaften, Behörden, Baufirmen und Nachbarschaften, um nicht nur funktionale, sondern auch gestalterisch stimmige Gebäude zu schaffen. Besonders fasziniert mich die Verbindung von Konstruktion und Atmosphäre – also wie Materialien, Licht, Akustik und Raumklima zusammenwirken, um besondere Räume zu schaffen. Um Häuser möglichst langlebig und angenehm zu gestalten, setze ich dabei auf eine einfache, ehrliche Bauweise mit ressourcenschonenden und langlebigen Materialien. Neben meiner eigenen Praxis unterrichte ich am Karlsruher Institut für Technologie sowie als Vertretungsprofessor an der Hochschule Kaiserslautern.
Florian Baller, damals Architekturstudent in Stuttgart, kam auf mich zu und fragte, ob wir gemeinsam ein kleines Wohnhaus für seine Familie auf einem besonderen Grundstück planen wollen. Die Idee hat mich sofort gereizt – nicht nur, weil es eine spannende Bauaufgabe war, sondern auch, weil wir schnell merkten, dass wir ähnliche Vorstellungen von Architektur und Gestaltung teilen. Das Haus wurde zunächst als Mietobjekt konzipiert, mit der Option, es später selbst zu bewohnen. Von Anfang an war klar, dass wir unsere jeweiligen Stärken bündeln: Florian mit seinem besonderen Gespür für Design, ich mit dem Fokus auf Konstruktion und Detaillierung. Diese Zusammenarbeit hat das Projekt enorm bereichert.
Unser Ziel war es, ein Haus zu entwickeln, das sich harmonisch in die Umgebung einfügt und dennoch eine eigene Identität bewahrt. Das keilförmige Grundstück liegt zwischen dem historischen Bergfriedhof und der Bahntrasse und wurde einst von einem Steinmetz genutzt – diese besondere Lage und Historie spiegeln sich in der Architektur wider. Ein kompakter Sockelbau mit vertikaler Holzstülpschalung bildet die Basis, während darüber ein auskragendes Dachvolumen mit silberner Stehfalzdeckung scheinbar schwebt. Diese Gestaltung erinnert an die Typologie einfacher Bahn- und Trafohäuser. Die westliche Rundung des Baukörpers reagiert auf die städtebauliche Situation an der Straßenkreuzung und schafft durch die umlaufende Traufe eine fließende Verbindung zwischen den beiden Straßenrichtungen. Zur östlichen Wohnbebauung vermittelt eine verputzte Fassade mit akzentuiertem Eingangsbereich. Im Inneren ist die Raumabfolge überraschend asymmetrisch organisiert und orientiert sich am natürlichen Lichteinfall. Das leicht abgesenkte Erdgeschoss schafft einen offenen, aber geschützten Gemeinschaftsbereich, während das Obergeschoss kompaktere, introvertierte Individualräume beherbergt. Zwei Lufträume verbinden die Ebenen vertikal und schaffen spannende Blickbeziehungen. Ein besonderer Fokus lag auf der Materialwahl: Wir wollten Materialien in ihrer ursprünglichen Qualität zeigen. Die Holzkonstruktion ist sichtbar geblieben, ebenso der Betonsockel im Innenraum, der eine markante Beckenwirkung erzeugt. Handgefertigte Holzfenster mit außenliegenden Schutzrahmen, einheitlich blau gestrichene, fein gearbeitete Stahlelemente und präzise abgestimmte Details verleihen dem Haus seine eigene Handschrift. Im Außenbereich wurden viele Materialien der ursprünglichen Werkshütte wiederverwendet. Darüber hinaus wurde eine historische Grabsteinplatte als skulpturales Element in die Gartengestaltung integriert.
Bei einer unkonventionellen Form muss man oft Überzeugungsarbeit leisten – das haben wir schnell gemerkt. Besonders die Abstimmung mit dem Stadtplanungsamt erforderte einige Diskussionen, um eine Genehmigung für unsere gestalterischen Ideen zu erhalten. Auch das Verhältnis von Kosten und Qualität war eine Herausforderung. Jede architektonische Entscheidung musste wirtschaftlich tragbar sein, ohne unsere gestalterischen Prinzipien zu verwässern. In einer Zeit, in der viele Projekte aus wirtschaftlicher Unsicherheit gestoppt wurden, mussten wir besonders vorausschauend planen.
Das Haus HSBW ist für uns mehr als ein Wohnhaus – es ist eine architektonische Interpretation zeitgenössischen Wohnens in einem besonderen städtischen Kontext. Es zeigt, dass innovative Formgebung, nachhaltige Materialwahl und handwerkliche Präzision zusammenkommen können, um einen Ort zu schaffen, der sowohl präsent als auch privat ist. Die Zusammenarbeit mit Florian hat uns beiden gezeigt, wie wertvoll der Austausch zwischen unterschiedlichen Herangehensweisen ist. Dieses Projekt hat uns motiviert, weiterhin mutige und nachhaltige Architektur zu machen – und wir freuen uns auf die nächsten Herausforderungen!
Fotos: Kim Frohmann