Soundmaker
Devon Turnbull

Interview mit Devon Turnbull

Die Akustik hat selten erste Priorität, wenn es um die Gestaltung von Räumen geht. Nicht so bei Devon Turnbull. Der gelernte Toningenieur ist stets auf der Suche nach dem besten Sound. Aufsehen erregte erFormularendeAufsehen zuletzt mit der Gestaltung seiner Listening Rooms – Klangräumen, die Interior Design auf links drehen und das ultimative Sound-Erlebnis in den Vordergrund stellen. Für Turnbull, der seine Brand Ojas bereits im zarten Alter von 19 Jahren gründete, birgt (fast) jeder Raum das Potenzial für großartige Klangerlebnisse. Weil unsere Gegenwart jedoch von Ablenkung und Multitasking geprägt ist, setzt er sich für die hohe Kunst des Zuhörens und eine bewusstere Auseinandersetzung mit Audioinhalten ein. Ob aufwendiges Lautsprecher-Set-up oder simple Musikbox, der New Yorker plädiert dafür, Musik wieder das zu geben, was sie verdient: uneingeschränkte Aufmerksamkeit.

Räume zu gestalten ist Teil Deiner Arbeit. Dennoch hast Du einen völlig anderen Ansatz als die meisten Architekten und Interior Designer. Wie entstand Dein jüngstes Projekt „HiFi Listening Room Dream No. 1“?

Der größte Unterschied liegt in meiner ganzheitlichen Herangehensweise. Auch ich achte auf die Ästhetik, das Licht, den Geruch und andere Aspekte, die einen Raum einladend und gemütlich machen. Gleichzeitig entwerfe ich aber das entsprechende Equipment und die akustische Infrastruktur. Das passiert meist, lange bevor ich den Raum zum ersten Mal betreten habe.

Wie gehst Du dabei vor?

Wenn andere Architekten oder Designer den Auftrag bekommen, einen perfekten Raum zum Musikhören zu entwerfen, werden sie trotzdem zuerst den Raum gestalten und dann das Equipment darin platzieren. Ich wiederum könnte Hunderte von Stunden nur damit verbringen, die Schaltungen in den Röhrenverstärkern für einen bestimmten Listening Room zu konzipieren. Und unzählige weitere damit, die interne Verkabelung der Komponenten möglichst effizient zu gestalten. Obwohl vermutlich niemand diese Kabel sehen wird, wenn der Raum erst mal fertig ist, liegt für mich darin die wahre Kunst. Ich kann dann nur hoffen, dass der handwerkliche Anspruch, der in meiner Arbeit steckt, trotzdem wertgeschätzt wird – auch wenn man am Ende nur den fertigen Raum sieht.

Wann hast Du das erste Mal mehr in Hi-Fi-Systemen gesehen als nur technische Geräte?

Als ich vor 20 Jahren in Japan das erste Mal mit der Boutique-Audio-Industrie in Berührung kam. Das ist ein großes Thema dort.

Mit 19 Jahren hast Du Deine Brand Ojas gegründet. Wie haben sich die Szene und der Markt seitdem entwickelt?

Als ich 19 war, habe ich Audioingenieurwesen studiert, Kleidung designt und unter dem Namen „Ojas“ Graffitis gemalt. Rückblickend war damals alles anders. Nicht mal im Menswear-Bereich, in dem ich damals arbeitete, konnte man wirklich Geld verdienen. In der damals noch relativ neuen Audio Industry war das nicht anders. Ich habe aus persönlichem Interesse eine Leidenschaft entwickelt und angefangen, Equipment zu basteln. Glücklicherweise hat sich der Markt dann so entwickelt, dass ich heute davon leben kann, wofür ich sehr dankbar bin. 

Steckt in jedem Raum, jeder Wohnung und jedem Haus das Potenzial für guten Sound?

Es gibt sicherlich Räume, die niemals wirklich gut klingen werden. Es ist schwierig, einen reflektierenden Raum auch nur halbwegs anständig klingen zu lassen. Damit habe ich regelmäßig zu kämpfen; Kunden kommen zu mir mit ihren eigenen Vorstellungen: „Ich habe hier diesen großartigen Glaskasten, um einen Listening Room zu bauen …“ (lacht). Natürlich liebe ich die Idee des 360-Grad-Blicks beim Musikhören, aber eine Glasbox wird leider immer wie eine Echokammer klingen.

 

Ist eine Wohnung Deiner Meinung nach bereits eingerichtet, wenn man eine gute Anlage hat?

Absolut. Du musst nicht zwingend renovieren oder unzählige akustische Anpassungen machen, um ein angenehmes Klangerlebnis zu erreichen. In der Regel kannst Du mit gewöhnlichen Möbeln schon einiges erreichen, was den Klang betrifft. Zwei Dinge solltest Du beachten: Oberflächen sollten mit weichen Materialien bedeckt sein und die Symmetrie ist wichtig, wenn Du einen Raum einrichtest.

 

Wie hörst Du privat am liebsten Musik?

Meine öffentlich zugänglichen Listening Rooms sind aus meinem eigenen entstanden. Das Wichtigste dabei ist die gezielte Absicht, es sich vorzunehmen. Wie oft setzt Du Dich zu Hause hin und tust wirklich nichts anderes, als Musik zu hören? Wenn Du Musik liebst, aber sie nicht regelmäßig hörst, musst Du Dich fragen, warum.

 

In den vergangenen Jahren wurde klassisches Audio-Equipment immer mehr zum dekorativen Accessoire. Stellst Du auch fest, dass die Nachfrage nach schönen Geräten zunimmt?

Ich denke, dass sich in der Erkenntnis der Leute einiges verändert hat, was ein bisschen damit zu tun hat, was ich in der letzten Frage angerissen habe: In meinen Augen hat es in der Audioindustrie in den letzten Jahrzehnten eine Art Degeneration gegeben. Kunden wurden Produkte angeboten, die passives Zuhören fördern – Hintergrundmusik. Die Leute fangen langsam an zu erkennen, dass die Technologie der Vergangenheit, zum Beispiel große dynamische Stereoanlagen, ein Sound-Erlebnis bietet, das mit einem einzelnen Bluetooth-Lautsprecher, der im Regal versteckt ist, schwer zu erreichen ist.

 

Wir erleben ja derzeit in vielen Bereichen eine Renaissance des Analogen. Was hältst Du vom großen Vinyl-Comeback?

Das finde ich großartig. Die Leute wollen wieder zurück zu etwas Greifbarem, um Musik richtig zu erleben.

 

Heutzutage passiert alles gleichzeitig, wir sind ständig am Multitasken. Bedeuten außergewöhnliche Soundanlagen, dass Menschen auch Musik wieder bewusster konsumieren? Hilft es, mehr im Moment zu sein?

Bingo.

 

Kann man das lernen?

Die Kunst des Zuhörens besteht einfach darin, den Moment, den Akt an sich zu genießen.

 

Muss es immer das beeindruckende Set-up sein, oder reicht manchmal eine kleine Lautsprecherbox?

Manchmal reichen Kopfhörer völlig aus! Oder ein kleiner Lautsprecher im richtigen Raum. Ich würde mir selbst gerne einen ganzen Musikschrein bauen, aber das ist einfach meine persönliche – etwas verrückte – Haltung.

 

Welches Erbe möchtest Du mit Ojas hinterlassen?

Mein erstes Ziel ist es, mir Audio als Hobby zu bewahren! Ich denke, die meisten in meiner Position würden versuchen, Abstand zum Begriff „DIY“ zu bekommen. Ich möchte die Menschen aber ermutigen, in meine Fußstapfen zu treten, denn auch ich hatte Mentoren, von denen ich lernen und mich inspirieren lassen durfte. Zu sehen, dass eine neue Generation das Gleiche tut, macht mich wirklich glücklich. Es gibt wertvolles Wissen, das im Laufe der Zeit bereits verloren gegangen ist. Wenn das Interesse für das Audio-Handwerk nicht da ist, lässt sich das nicht aufhalten. Im besten Fall kann ich etwas dazu beitragen, dass es zukünftige Generationen gibt, die Dinge erschaffen, von denen ich nicht einmal zu träumen wage.