Ich habe meinen College-Abschluss 2008 gemacht – direkt vor der Finanz- und Immobilienkrise in den USA. Man könnte sagen, dass ich keine Lust auf einen traditionellen Job hatte und ich dachte, Apartments in New York zu vermieten, könnte mir Spaß machen. Ich konnte mir meine Zeit selbst einteilen und habe die Stadt von einer Seite kennengelernt, die ich bis dahin nicht kannte. Als es mit der Krise dann wirklich losging, wurde die Situation schwieriger und mein Ausflug in die Branche war letztendlich nur von kurzer Dauer.
Ich bin schon immer gerne mit offenen Augen durch die Straßen von Städten spaziert und habe dabei Diverses eingesammelt. Manchmal werfe ich die Fundstücke auch wieder weg, aber oft landen sie im Atelier. Anfangs wurden daraus eher dadaistische Kollagen. Die Arbeit mit Papierschnipseln und plattgedrückten Materialien gab mir etwas, dass ich in sauberen, sterilen Oberflächen nie gefunden hätte. Von den Collagen kam ich schnell zu anderen Objekten und Werkstoffen wie den Basketbällen. Was alle Kunstwerke gemein haben, ist eine lange Geschichte, weil diese benutzten Gegenstände durch viele Hände gewandert sind.
Ich gebe gerne etwas zurück. Künstler zu sein ist ein großes Privileg und ich habe das Glück, jeden Tag das tun zu können, was ich liebe. „If you see something broken – fix it“ – das ist genau, was ich tue mit dem Projekt „Net Work“. Es ist wie eine leise Liebeserklärung an die Stadt, in der ich arbeite.
Die Tatsache, dass sich Dadaisten gegen die Kunst und das Establishment richten und sich nicht an Konventionen halten, hat mich sehr angesprochen. Vor allem vor dem Hintergrund, dass ich keine formale Ausbildung habe und die Kunstwelt mich anfangs ziemlich eingeschüchtert hat. Ich mache einfach das, worauf ich Lust habe. Manchmal kommt dabei eine Skulptur heraus, die aus meinen mit Farbe bespritzten Schuhen besteht, die ich auf einen Sockel stelle. Es geht darum, mir die Kunst zu eigen zu machen. Dabei schaffe ich Zeichen und Symbole aus Materialien, die sonst übersehen werden. Indem ich sie neu zusammensetze, habe ich die Chance, ihnen neues Leben einzuhauchen.
Ehrlich gesagt habe ich viele solcher Momente erlebt. Vor allem zuletzt, als ich vollständig nach Detroit gezogen bin. Ich bin jetzt zwei Jahre hier und es ist unglaublich, wie viele Türen sich für mich geöffnet haben. Ich hatte meine erste Einzelausstellung im Cranbrook Museum of Art, gleichzeitig stehen einige meiner wichtigsten Arbeiten bis Februar im MSU Broad Museum. Dazu kommt, dass ich jetzt ein 5.000 Quadratmeter großes Studio an einem Hafen im Osten von Detroit habe. Library Street Collective hat all dies möglich gemacht. Bevor ich hierherzog, kam ich fast fünf Jahre lang immer wieder zu Besuch. Offiziell hierher zu ziehen, war ein großer Schritt und anfangs ziemlich beängstigend.
Meine Identität war so eng mit New York verknüpft und ich hatte ständig diesen Gedanken, dass ich in New York leben müsse, um ein erfolgreicher, bedeutender Künstler zu sein. Auch Kuratoren haben mir davon abgeraten. Man würde mich vergessen und weniger ernst nehmen, wenn ich meinen Lebens- und Schaffensmittelpunkt nach Detroit verlege. All das hat sich als Unsinn herausgestellt und ich bin hier sehr glücklich. Nie hatte ich das Gefühl ernster genommen zu werden und Detroit ermöglicht es mir, mich auf eine Weise zu entfalten, die ich in New York nie hatte.
Ich bin meine eigene Marke. Es geht nie nur um die Kunst, sondern ebenso sehr um den Künstler, weil wir uns an charismatische Persönlichkeiten erinnern. Der Künstler selbst ist oft genauso interessant für die Leute wie die Kunst, die er schafft. Das akzeptiere ich und richte mich danach. Mein Name steht für Selbstbewusstsein und den Glauben an meine Vision, unabhängig davon, ob man mich oder meine Arbeit mag. Manchmal muss man einfach Scheuklappen aufziehen und seinen Weg zu gehen.
Sie müssen authentisch sein. Ich arbeite schon seit fast sieben Jahren mit ALD zusammen, damals kannte sie kaum jemand – geschweige denn mich. Wir haben immer eine Ästhetik geteilt und ich habe mich mit den Jungs von Anfang an gut verstanden. Derek Balarezo (Creative Director bei Aimé Leon Dore Anm.d.R) hat mich einmal begleitet, als ich unterwegs war, um Material auf den Straßen zu sammeln und kaputte Basketballnetze in New York auszutauschen. Wir hingen zusammen rum, haben uns ausgetauscht, Bier getrunken und billige Pizza gegessen. Unsere Beziehung ist über die Jahre gewachsen, eins führte zum anderen und so beauftragten sie einige Arbeiten für den Laden. Wir haben im letzten Sommer dann für meine Ausstellung „New Religion, True Religion, Bigger Than the Pope“ in Athen eine kleine Kollektion herausgebracht mit Schmuck, Caps und einer verrückten Lederjacke. Es macht einfach Spaß, mit Freunden zu arbeiten, die deine Vision verstehen.
Die Zusammenarbeit mit Reebok lief ähnlich. Ich kenne den ehemaligen Leiter der „Special Projects“ Abteilung bei Reebok, Leo Gamboa (mittlerweile bei Levi‘s). Er kannte meine Liebe zum Modell „Club C“ und hat mich an Bord geholt, um Club C's und Iversons zu designen. Das war ein Moment, in dem ich mich kneifen musste! Ein Lifestyle-Schuh und ein Basketball-Schuh von einem Idol meiner Kindheit. Eine Gelegenheit dieser Art bekommen nicht viele Künstler. Damals wusste ich noch nicht, dass ich im November 2023 das nächste Paar Club C’s und Reebok Classics designen darf. Das Gefühl, einen Signature-Schuh zu haben, ist unglaublich. Ich fühle mich wie ein Profi-Sportler.
Ich habe noch immer ein Studio in Brooklyn, das ich von Zeit zu Zeit besuche. Aber mittlerweile lebe und arbeite ich überwiegend in Detroit. Mir gefällt die Fläche, die man hier für sein Geld bekommt. Ich mag große, offene Räume mit hohen Decken und gutem Licht, sowohl für zu Hause als auch für das Studio. Meine Galerie hat mir ein Studio an einem alten Hafen im Osten von Detroit besorgt, und das Haus, das wir diesen Sommer gekauft haben, ist uns schicksalhaft in die Hände gefallen. Es ist ein wunderschönes Haus im Stil einer Mid-Century-Ranch mit großen Fenstern zum Garten. An den meisten Morgenden wache ich auf und beobachte Rehe, die dort schlafen, es ist wirklich ruhig.