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zu Besuch bei Aaron in Baden-Baden
zu Besuch bei Aaron in Baden-Baden Über Designer-Persönlichkeiten und sein neues Leben abseits der Großstadt

Aaron lebt seit geraumer Zeit in Baden-Baden und seine Liebe für Midcentury Entwürfe um Jean Prouvé & Co wird schnell offensichtlich, wenn man sich den erfolgreichen Interior Instagram Kanal anschaut, den er betreibt. Wir haben uns mit ihm über diese Leidenschaft, Trends und das Leben auf dem Land unterhalten.

Aaron, auch, wenn deine Wohnung sehr urban anmutet, wohnst in einer eher ländlichen Gegend in Baden Württemberg. Wie kam es zu der Entscheidung und was findest du hier, was du in der Großstadt vermisst?
Tatsächlich habe ich Berlin vor zwei Jahren verlassen und wohne nun in einer etwas ländlicheren Gegend in Süddeutschland. Neben familiären und beruflichen Aspekten haben mich aber auch weitere Gründe dazu bewegt, wieder etwas ruhiger zu leben. Vielleicht lag das auch daran, dass ich ursprünglich vom Land komme und in Berlin irgendwann dieses satte Grün vor der Haustüre vermisst habe; das fiel mir besonders auf, als ich mich dabei erwischt habe, wie ich in Berlin auf Friedhöfen spazieren ging, um wenigstens ein bisschen Ruhe und Natur zu haben. Auch wenn eine Großstadt gerade kulturell und kulinarisch viel zu bieten hat, schlug mir nach einigen Jahren aber diese permanente Reizüberflutung etwas auf das Gemüt. Klar, ich habe auch direkt am Görlitzer Park gewohnt und musste zum Kotti, um einzukaufen, aber generell bin ich in Berlin einfach schlecht zur Ruhe gekommen. Ich muss sagen, dass ich jetzt, da ich etwas ruhiger wohne, viel ausgeglichener, entspannter und tatsächlich kreativer bin. Insgesamt ist mein Drumherum sehr entschleunigt. Was ich hier auch total schön finde, ist das Gemeinschaftsgefühl und die Offenherzigkeit, die ich in meinem Städtchen sehr schätze. Wenn ich aus dem Haus gehe, winkt mir direkt meine Frisörin aus dem Fenster zu, meine Buchhändlerin hat mir schon Bücher beiseite gelegt, bei denen sie sich sicher ist, dass sie mir gefallen und ich gehe spontan auf einen Kaffee bei mittlerweile sehr guten Freunden vorbei, die hier übrigens einen coolen Lampenladen haben — und das alles mit ganz wenigen Schritten. Und seien wir mal ganz ehrlich, die Wohnung, so wie ich sie nun hier habe, hätte ich mir in Berlin nie leisten können.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben und nach welchen Kriterien richtest du eine Wohnung ein?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, da ich viel aus dem Bauch heraus und aus meinem Herzen entscheide. Aber müsste ich mich festlegen, dann klassisch. Man muss wissen, dass ich mich viel mit Designgeschichte und Biografien von Architekt/innen und Designer/innen beschäftige. Bevor ich mir ein Möbelstück anschaffe, studiere ich erst einmal ein paar Monate in Büchern sowie im Internet und informiere mich über die Designer/in und die Absicht oder die Rezeptionsgeschichte hinter dem jeweiligen Möbelstück. Ich wähle also meine Einrichtung ganz bewusst aus und lande dadurch immer wieder bei den Klassikern, die zum Teil schon seit 100 Jahren existieren und jetzt immer noch modern wirken. Viele Stücke, die sich hier versammeln, stammen aber von Designer/innen, die zur selben Zeit gelebt haben, weswegen sie vielleicht alle so gut zusammenpassen. Wichtig ist mir aber auch, die neu gekauften Möbel mit alten Stücken zu kombinieren, damit es nicht wie in einem Katalog wirkt. So habe ich beispielsweise ein Sofa von 1960 und einen alten Teppich im Zentrum meines Wohnzimmers, wofür ich nebenbei am meisten Anfragen auf Instagram bekomme. Was die Materialien angeht, dann passen für mich Holz, Papier und Metall gut zusammen, da sie das Natürliche mit dem Modernen verbinden. Farblich bin ich eigentlich sehr zurückhaltend und verfolge das Prinzip „Schwarz-Weiß-Braun“ und gebe Farbakzente mit einem Teppich oder mit Kunst an der Wand.

Woher kommt deine besondere Vorliebe für Pierre Jeanneret, Jean Prouve und Charlotte Perriand Entwürfe? Und wie nimmst du den Hype wahr, den wir gerade erleben?
Diese Liebe hat sich tatsächlich in den vergangenen Jahren immer mehr forciert und wenn man sich mit diesen drei Namen auseinandersetzt, merkt man, dass sie auch irgendwie zusammengehören. Charlotte Perriand kannte Pierre Jeanneret ganz gut und man sagt ihr sogar eine Liebelei mit dessen Cousin Le Corbusier (der eigentlich auch Jeanneret mit Nachnamen hieß) nach. Wie du siehst, setzte ich mich viel mit der Geschichte dahinter auseinander und mich faszinieren diese Persönlichkeiten, die in ihrer Zeit mit ihren Entwürfen so revolutionär gewesen sind. Was die drei auch gemeinsam haben, ist, dass alle mit der Architektur verbunden sind, was man ihren Möbelstücken anmerkt. Besonders die Stücke von Prouvé haben einen total architektonischen Touch, der mir sehr gefällt, weil dadurch eine gewisse Funktionalität zum Ausdruck kommt, die man nicht bei vielen Möbeldesigns findet. Hinzu kommt auch, dass alle drei Designerinnen Einflüsse aus anderen Ländern einfließen lassen. So lebte Perriand viele Jahre in Japan oder Jeanneret in Indien und genau diese Varianz in der Ästhetik liebe ich sehr. Wenn ich diese Möbel in meiner Wohnung einsetze, habe ich immer das Gefühl, mich gleichzeitig auch mit einem Stück Geschichte zu umgeben. Nun habe ich die Wohnung hauptsächlich vor meiner Zeit auf Instagram eingerichtet und erlebe den von dir angesprochenen Hype dieser Designer/innen ebenfalls, was mich erstaunt hat. Vor zehn Jahren hätte kaum jemand etwas mit dem Namen Prouvé oder Perriand anfangen können, aber aufgrund der Globalisierung und die vermehrte Sichtbarkeit bei berühmten Persönlichkeiten, sind die Entwürfe wiederentdeckt worden und erleben eine Renaissance, bei der ich hoffe, dass sie keine Modeerscheinung bleibt. Auch wenn die Preise nicht gerade niedrig sind, ist diese Entwicklung ja eigentlich im Sinne der Designerinnen: funktionale Massen-Möbel für (fast) alle. Was ich bei diesem Hype so ganz nebenbei auch großartig finde ist, dass mit Charlotte Perriand eine Frau stellvertretend für eine bestimmte Ästhetik steht!

Abgesehen von der Möblierung - was ist dir bei einer Wohnung besonders wichtig?
Eine Wohnung oder auch ein Haus sollte mich beim ersten Betreten begeistern und mich für meine Inneneinrichtung inspirieren. Ich liebe es auch, wenn die Wohnung einen besonderen Charme mitbringt, den es nicht überall gibt. So mag ich beispielsweise die alten Wandkassetten in meiner aktuellen Wohnung. Ich lebe auch gerne in historischen Gebäuden, also Altbau, Fachwerk....einfach Gebäuden mit Geschichte.

Hast du ein Lieblings-Piece in deiner Wohnung oder eine Wunschliste von Möbelstücken, die du dir noch erfüllen möchtest?
Mein absolutes Lieblings-Piece ist meine gigantische Akari Papierlampe von Isamu Noguchi, die einen stolzen Durchmesser von einem Meter hat. Manchmal sitze ich abends einfach nur unter ihr und lasse mich von ihrer Kraft hypnotisieren. Sie ist wie ein Lagerfeuer, das einem zum Nachdenken und In-Sich-Gehen anregt. Die Frage mit der Wunschliste beantworte ich dir nach meinem bald anstehenden Besuch im Prouvé-Haus in Nancy.

Wir beobachten deinen Kanal schon eine ganze Weile und er ist in den letzten Monaten schnell gewachsen. Was zeichnet die Kanäle aus, denen du selbst folgst? Nach was suchst du?
Ja über dieses enorme Interesse bin ich selbst ganz erstaunt und freue mich selbstverständlich darüber. Ich schaue mir sehr gerne Accounts an, die natürlich zum einen dieselbe Ästhetik verfolgen wie ich und zum anderen diesen Stil individuell umsetzen. Ich bewundere aber auch die Accounts, die mit viel Farbe arbeiten, da ich mich das nie trauen würde. Umso mehr fasziniert mich das.

Gibt es besondere Trends, die du gerade wahrnimmst, die wir im Auge behalten sollten?
Ich glaube tatsächlich, dass man die Entwürfe von Jean Prouvé weiterhin im Auge behalten sollte. Nachdem Vitra gerade erst einen Sessel in limitierter Auflage herausgebracht hat, haben sie für das Spätjahr eine weitere Edition angekündigt. Bleibt also spannend zu sehen, was sich da noch tut.

Zum Abschluss haben wir noch drei kurze Fragen:

Welcher Song darf keinesfalls in unserer Spotify-Playlist fehlen?
„Lost in Music“ von Sister Sledge im Dimitri from Paris Alt. Break Remix

Welches Coffee Table Book lohnt sich wirklich - nicht nur als Deko?
„Case Study Houses“ aus dem Taschen-Verlag

Welchem Instagram Kanal müssen wir dringend folgen?
@galeriepatrickseguin, aber dem folgt ihr glaube ich schon :)

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