Magazin 21
Johanna Dumet & Manuel Wroblewski
Johanna Dumet & Manuel Wroblewski für die zweite Ausgabe von "21" haben wir das Künstlerpaar in ihrem Atelier in Berlin getroffen und haben mit Ihnen über ihr Werk und ihren Lebensstil gesprochen.

Liebe Johanna, lieber Manuel – vielen Dank für die Einladung! Wir sitzen hier in eurem neuen Atelier in Reinickendorf und ich weiß gar nicht, wo ich zuerst hinschauen soll! Erzählt doch mal etwas zu diesem tollen Ort und wie ihr hier gelandet seid.
Johanna: Wir sind hier in den Wilhelm Hallen und uns gefällt es wahnsinnig gut. Unser vorheriges Atelier war in Hohenschönhausen in einer schönen Villa namens Villa Heike. Wir sind vor etwa einem Jahr hierher umgezogen. Das Gelände war früher eine Metallfabrik, hier wurde alles saniert und neu gemacht: Wasser, Strom, Heizung, neue Fenster usw. Es hat ganz schön lange gedauert, aber jetzt ist es optimal auf unsere Bedürfnisse abgestimmt. Das Tolle ist, dass das Studio zwei Etagen hat, so können wir unsere Arbeitsbereiche voneinander trennen. Obwohl wir hier nur Mieter sind, haben wir viel daran gearbeitet und investiert, um einen Ort zu haben, der mit unserer Vision und unseren Prozessen harmoniert. Manuel hat beispielsweise einen besonderen Mörtel verwendet, um die Ziegelwände mit diesem besonderen Weißton zu verkleiden. Der Fußboden im Erdgeschoss, in der Küche und im Bad besteht aus Kalk aus Venedig und im Obergeschoss haben wir einen Eichenboden verlegt. Uns umgibt also hauptsächlich Holz, Sand, Lehm und Stein – das fühlt sich wirklich gut an und erzeugt eine tolle Atmosphäre. Dazu kommen noch die Ölgemälde, Holzskulpturen und Möbel, die wir entweder gesammelt oder selbst hergestellt haben.
Manuel: Was mir besonders gefällt, ist die Tatsache, dass wir einen kleinen Außenbereich haben, der es uns ermöglicht, draußen zu arbeiten. Außerdem würde ich gerne einige Bäume vor dem Atelier pflanzen.

Johanna, dein erster Print damals, „La petite bière bien fraîche“, ist viral gegangen, könnte man sagen, und ich mochte die grundsätzliche Art, Kunst „für alle“ zugänglich zu machen. Ich denke, das war für viele auch ein Einstieg in diese spannende Welt. Darf Kunst manchmal auch „nur“ gefallen?
Johanna: „La petite bière bien fraîche“ ist mein zweiter Druck, im Jahr zuvor hatte ich bereits eine kleine Auflage von 35 Drucken herausgebracht. Diese kleine Auflage war innerhalb von ein paar Stunden verkauft und es fühlte sich ziemlich seltsam an und ich fand es irgendwie unfair, dass man zu einer ganz bestimmten Zeit online sein musste, um noch einen zu bekommen. Als wir dann den zweiten Druck mit der Galerie König aufgelegt haben, haben wir nach einer Möglichkeit gesucht, dass jeder die Chance bekommt, einen Druck zu kaufen, wenn er oder sie möchte. Also haben wir den Druck für 24 Stunden zum Kauf angeboten und dann entsprechend viele Exemplare produziert. Leider hat trotzdem nicht jeder dran gedacht und klar, für einige war es immer noch viel Geld. Noch heute erhalte ich Nachrichten von Leuten, die gerne noch einen hätten. Grundsätzlich war die Idee aber sehr gut und deutlich fairer. Ich habe ein Bild gewählt, das jeden anspricht: ein Stillleben mit Meeresfrüchten und Bier, das sicherlich viele schon genau so erlebt haben. Meine Bilder sind Teil meines Lebens und ich male hauptsächlich reale Momente und Erinnerungen. Es freut mich zu sehen, dass sich auch andere damit identifizieren können. Das Schönste für mich ist immer, wenn Menschen ein Kunstwerk mögen und es ihnen ein gutes Gefühl gibt, ohne dass sie den Künstler kennen, etwas über das Gemälde wissen oder sonst irgendwie beeinflusst sind. In einer perfekten Welt sollte es grundsätzlich keine Rolle spielen, ob der oder die Künstler*in bekannt ist, alt oder jung, welche Religion der- oder diejenige hat oder in welchem geistigen Zustand es gemalt wurde. Kunst kann und sollte für sich selbst sprechen und das ist wunderbar.

Wie hast du deine Entwicklung seitdem erlebt und was hat sich für dich verändert bzw. welche neuen Projekte stehen jetzt an?
Johanna: Es gibt aufregendere Dinge für mich, als einen Druck herauszubringen. In der Zwischenzeit hatte ich mehrere tolle Ausstellungen, wie z. B. eine Einzelausstellung in der König Galerie im letzten November und eine tolle Gruppenausstellung zusammen mit Manu und einem dänischen Künstler, den wir beide mögen – Søren Behncke – in der Valerius Galerie. Ich habe auch einige Bilder für Hermès gemalt und wir starten jetzt ein neues Projekt: Manuel und ich zusammen für den Hermès-Shop auf Sylt. Aber natürlich ist es in diesen Zeiten schwierig, über die Zukunft und Projekte zu philosophieren, weil wir nicht wissen, was morgen sein wird. Wir haben das große Glück, jeden Tag im Atelier zu sein und von unserer Kunst leben zu können, während dieselbe Welt sich auch im Krieg befindet, und davor können wir nicht die Augen verschließen.

Wenn ich mich hier so umschaue, wirkt es, als würden die Dimensionen ineinander verschwimmen. Deine Skulpturen, Manuel, könnten fast Johannas Bildern entsprungen sein und umgekehrt. Inwiefern beeinflussen sich eure Werke und welche Rolle spielt das für eure Arbeit? Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag bei euch aus –gibt es so etwas überhaupt für Künstler?
Manuel: Zum Teil ist es wirklich so, einige Skulpturen sind von Johannas Gemälden inspiriert und einige meiner Skulpturen tauchen in ihren Gemälden auf. Es ist wirklich gut, einander zu haben, nicht nur zur Inspiration, sondern auch zur Motivation – oder um die Arbeiten des anderen konstruktiv beurteilen zu können. Ich würde sagen, dass wir ohne die gegenseitige Unterstützung nicht da stehen würden, wo wir jetzt sind. Was unseren Arbeitstag angeht, so versuchen wir, klassische Arbeitszeiten einzuhalten, wie jeder andere auch: Wir kommen morgens ins Atelier, trinken einen Kaffee und fangen dann an, bis zum Mittagessen zu arbeiten und machen dann weiter, bis wir beide nach Hause gehen wollen.
Johanna: Ich denke, unsere Tage sind viel besser als ein normaler 9-to-5-Job, weil wir morgens keinen Wecker benutzen (was für eine böse Erfindung!) und wir ein Nickerchen machen, wenn wir wollen. Wir haben die völlige Freiheit, zu entscheiden, ob wir ins Studio gehen oder nicht und wir arbeiten auch am Wochenende!
Manuel: Es wird immer schwieriger, ungestörte Arbeitstage zu haben, weil viele Leute auf einen Kaffee oder einen Atelierbesuch vorbeikommen wollen. Also schließen wir ab und zu einfach die Tür ab und ziehen den Vorhang vor, denn kreative Zeit ist kostbar.

Wie ist das eigentlich, wenn man Skulpturen verkauft? In meiner naiven Vorstellung, weiß ich genau, wie ich mit einem Bild umgehe, aber bei Skulpturen denke ich sofort an ein Museum oder ein Haus mit gigantischem Entreé ...
Manuel: Es mangelt nur an der nötigen Fantasie, die Skulptur zu platzieren oder sogar zu nutzen – z. B. als Hutablage oder für Brillen.
Insbesondere die Reihe meiner Holzobjekte bietet da eine Reihe von Möglichkeiten, da es alles leichte, aber sehr stabile Hohlkörper sind. Das sind dann teilweise auch „Leuchtkörper“, die wie Lampen platziert und genutzt werden können, oder man hängt sie wie ein Bild an die Wand.
Johanna: Wir lieben es auch, Skulpturen zu kaufen. Wir haben nie an ein Platzproblem gedacht, das ist alles nur Einbildung. Ich weiß nicht, warum die Leute so denken, aber Skulpturen lassen sich auch auf kleinem Raum sehr gut in das tägliche Leben integrieren. Die Skulptur muss ja auch nicht riesig sein. Man kann toll mit ihnen herumspielen und sie eigentlich überall hinstellen, wo es einem gefällt.
Manuel: Lasst eurer Fantasie freien Lauf und kauft mehr Skulpturen!

Manuel, ich bin Riesenfan von deiner, sagen wir mal, „nautischen“ Serie, die die ganzen Meerestiere und Boote umfasst (den Hummer und die Sardinenbüchse würde ich mir sofort in mein Entreé stellen, hätte ich eines). Ich weiß, dass es da gewisse biografische Bezüge gibt und du auch sonst wahnsinnig viel gemacht hast ...
Manuel: Ich habe mit 20 angefangen, Philosophie und Physik in Kiel zu studieren und parallel dazu habe ich als Gärtner gearbeitet, um mein Studium zu finanzieren. Auf einem Bauernhof für Bio-Obst und Gemüse, habe ich gelernt, mit unserer Erde umzugehen und was den Anbau guter Lebensmittel ausmacht. Als mich dann ein Freund fragte, ob ich Lust hätte, in einem Theaterstück mitzuspielen, sagte ich spontan zu und bin deshalb nach Berlin gezogen, um schließlich zu bleiben. Der nautische Bezug kommt aus meiner Zeit in Schleswig-Holstein, wo ich im Bootsbau tätig war und unter anderem an einem 28 Meter langen Schoner aus dem 19. Jahrhundert gearbeitet habe. Im Zuge dessen war ich auch Teil eines Segeltörns von Flensburg nach Malaga, den ich keinesfalls missen möchte. In Berlin spielte ich dann in einigen Theaterproduktionen mit und studierte weiterhin Philosophie an der Humboldt-Universität. Parallel dazu habe ich an anderen Universitäten Seminare besucht, die mich interessierten. Ich schätze, ich war auf der Suche nach einer universellen Ausbildung, die auf der Idee der Ästhetik basiert, was mich auch an die Charité brachte, wo ich dann anderthalb Jahre lang Medizin studierte, bevor ich vor 14 Jahren beschloss, mich nur noch auf die Kunst zu fokussieren.

Ihr habt selbst auch begonnen, Kunst zu sammeln. Könnt ihr einen kleinen Einblick geben, wie ihr dabei vorgeht und was euch wichtig ist, wenn ihr euch für ein Werk entscheidet?
Manuel: Da gibt es keinen festen Plan. Das passiert einfach. Man trifft einen Künstler, findet sich – und manchmal auch das Werk – sympathisch und kauft etwas. Oder man sieht eine Arbeit, die einem nicht mehr aus dem Kopf geht und man hat insgeheim schon einen Platz, wo man sie hinhängen möchte.
Oftmals sind das auch einfach inspirierende Objekte. Die werden dann wie Schätze ins Atelier gebracht. Im Moment versuchen wir, nichts zu kaufen, weil hier etwas Platzmangel herrscht und wir auf unser Haus am Meer sparen.
Johanna: Wir sammeln nur Dinge, die uns gefallen: besondere Gegenstände, Möbel, Kleidung oder Kunst. Unsere Sammlung ist aber nicht groß. Unser Atelier und unsere Wohnung sind bereits so voll, dass wir beschlossen haben, erst ein Haus zu kaufen und dann weiterzumachen. Das letzte Werk, das wir gekauft haben, ist eine Skulptur des belgischen Künstlers Johan de Wit: eine 2,29 Meter große Skulptur aus Papier, eine griechische Säule, die einzustürzen droht. Ein wunderbares Werk!

Ähnlich wie in der Mode, wenn auch nicht so schnelllebig, unterliegt auch die Kunstszene bestimmten Trends. Könnt ihr euch davon immer frei machen oder haben sie gar Einfluss auf euer Tun?
Manuel: Meine Arbeitsweise unterliegt einigen ganz klaren Regeln. Mir ist wichtig, was ich in der Welt hinterlasse, dass ich natürliche Materialien verwende und nachhaltig produziere. Das sollte noch viel mehr zum Trend werden!
Johanna: Diese Trends werden vom Kunstmarkt geschaffen, das war schon immer so. Da könnten dir Galerien mehr darüber erzählen. Dinge kommen und gehen, aber das hat mit unserer Arbeit letztendlich nichts zu tun.

Künstler wie Daniel Arsham arbeiten mit Porsche, Pokémon und Adidas zusammen und die Grenzen zwischen Kunst und Mode bzw. Marken verschwimmen zunehmend. Wie steht ihr zu dieser Entwicklung?
Johanna: Nun, wer meine Arbeit kennt, weiß, dass mir Kooperationen großen Spaß machen. Insbesondere in der Mode, weil ich ursprünglich selbst Modedesign studiert habe. Ich habe Kunst nie gesondert betrachtet, sondern immer im Kontext von Mode, Politik, Popkultur oder persönlichen Erlebnissen und Bedürfnissen. Eine Künstlerin ist immer Zeug*in seiner oder ihrer Zeit und drückt das, was um ihn oder sie herum passiert, in der Arbeit aus. Von der prähistorischen Zeit bis heute!
Manuel: Abgesehen davon, dass mir Nachhaltigkeit und natürliche Materialien wichtig sind, liebe ich Sportwagen und könnte mir durchaus vorstellen, mit Porsche zu arbeiten. Ich denke, dass wir alle einen Dualismus in uns tragen – so kann man einen Sportwagen fahren und trotzdem viele gute Dinge tun. Solange die Marke künstlerische Freiheit bietet – warum nicht? Natürlich muss es eine Marke sein, die mich anspricht, etwas, womit ich mich identifizieren kann.

Ich weiß, dass ihr gerade aus Dänemark kommt und dass euch „Aussteigen“ von Zeit zu Zeit sehr wichtig ist. Was ist das für ein Ort und was gefällt euch dort besonders?
Johanna: Diese Insel in Dänemark, die wir regelmäßig besuchen, bietet uns genau den Raum und die Freiheit, die wir ständig suchen. Außerdem erstaunliches Licht, unberührte Natur und die Farbe des Meeres ändert sich jeden Tag.
Manuel: Es ist ein wundervoller Ort. Aber jetzt suchen wir nach unserem eigenen Ort. Am liebsten ein Haus, das nicht so weit vom Meer entfernt ist ... Deutschland, Dänemark, Frankreich, mal sehen, wohin der Wind uns treibt.

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